Spannend bis zum letzten Moment. Dass dies auch bei digitalen Veranstaltungen möglich ist, zeigte der Regionalentscheid im Wettbewerb „Jugend debattiert“ für die Sekundarstufe II am vergangenen Donnerstag. Unsere beiden Vertreter aus dem Jahrgang 11, Elena Tappe und Lars Noetzel, und Zoe Marie Kettmann vom Gymnasium Bersenbrück schafften es bis ins Finale, die Schülerinnen sogar aufs Siegertreppchen. Am Tag zuvor hatte die Pauline Wrocklage (10a) für die Sekundarstufe I den 3. Platz erreicht.
Gegenseitiges Kennenlernen und Austausch zwischen den Schulen, lockere Pausengespräche und ein Treffen oder auch Wiedersehen mit anderen an einer freundschaftlichen Kontroverse Interessierten – das alles gehört eigentlich zum Wettbewerb „Jugend debattiert“ dazu. Doch Corona machte den Debattierfreunden bereits 2021 einen Strich durch die Rechnung. Damit der Schlagabtausch 2022 nicht wie im Vorjahr auf Schulebene endet, beschloss das Organisationsteam der Gesamtschule Emsland, die in diesem Jahr den Regionalentscheid ausrichtete, erstmals zu einem Onlinewettbewerb einzuladen. Über das Schulnetzwerk IServ wurden Videokonferenzräume eingerichtet, in die die Schulsieger und Juroren der Gymnasien, Gesamtschulen und Oberschulen aus Nordhorn, Bentheim, Lingen, Spelle, Ankum, Bersenbrück und Bramsche sich einloggen konnten. Was anfangs mit viel Skepsis begonnen wurde, gelang - zur Überraschung vieler sogar ohne große technische Probleme. Im zweiten Jahr der Pandemie sind die Netze stabil. Und die Freundschaftsnetze auch. „In den Pausen hatten wir viele gute Gespräche unter den Teilnehmenden“, erzählt Elena. Trotzdem hofft sie, dass der Wettbewerb im kommenden Jahr wieder in Präsenz stattfinden kann.
Auch diesmal hatten es die Themen in sich. Sie rankten sich um die psychische Gesundheit von Jugendlichen, um Maßnahmen gegen Politikverdrossenheit und stockendes Engagement sowie um Religionsfreiheit. Der Vorschlag, einen Wandertag pro Schuljahr durch einen Projekttag zur mentalen Gesundheit zu ersetzen, wurde heftig diskutiert. Einig war man sich mit Elena schnell, dass die persönliche Gesundheit ein so hohes Gut ist, dass auch Schule dazu beitragen muss. Aber ob dieser Weg zielführend und die Maßnahme angemessen ist, blieb ebenso strittig wie die Frage, ob Jugendliche einen Etat im Haushalt der Gemeinde erhalten sollten, über den sie selbst entscheiden dürfen. Die Kontrafraktion argwöhnte, dass dies eine Überforderung sei, die zur Geldverschwendung führen könne. Auf der Pro-Seite sah man in der Maßnahme eine Chance, Jugendliche an politischen Entscheidungen teilhaben zu lassen. Hilfreich für die Debatte waren hier Erfahrungen mit dem Jugendparlament, wie sie beispielsweise in Bramsche gemacht werden können.
Im Finale wurde darüber gestritten, ob Moscheegemeinden der Ruf des Muezzins erlaubt werden sollte. Ist dies ein Ausdruck einer offenen toleranten Gesellschaft, in der Religionen gleichbehandelt werden, oder ein Zugeständnis an extreme religiöse Gruppierungen, die dies stellvertretend für „den Islam“ forderten? Führt es zum gesellschaftlichen Rückschritt oder zum Fortschritt? Die vier Finalisten wurden sich nicht einig, zeigten aber nachdrücklich auf, dass es für beide Seiten gute Argumente gibt. Am Ende sah die Jury Elena vor Zoe und überreichte beiden das Ticket zum Landesentscheid. Lars schaffte es auf den dritten Platz.
Bereits am Vortag hatten die Neunt- und Zehntklässler ihre Debatten geführt. Auf dem Prüfstand standen Heizstrahler in der Außengastronomie, Spielzeug-Schusswaffen in Kinderhand und Schulschließungen als Maßnahme zur Eindämmung der „Corona-Pandemie“. Pauline Wrocklage (10a) und Arne Hinterding (9c) debattierten dabei engagiert als unsere Vertreter.
Die beiden jeweils Erstplatzierten aller Regionalentscheide in Niedersachsen nehmen zur Belohnung Mitte Februar an einem begehrten Rhetorikseminar teil, das in diesem Jahr ebenso „nur“ online stattfindet. Doch auch darauf freut sich Elena sehr: „Wenn ich an dem Tag einen anderen Termin haben sollte, lege ich ihn dafür natürlich sofort um.“
Auch der Landesentscheid findet am 15. März digital statt. Für dieses Format sind die beiden Debattantinnen mit ihren Erfahrungen in der Online-Debatte auf regionaler Ebene gut trainiert.
(Rita Cremering)