Projektwoche im Jahrgang 10: "Erfahrungen als „Abseits!?“-Verkäufer in der Großen Straße in Osnabrück"

Vor fünf Geschäften in der Osnabrücker Großen Straße verkauften Bramscher Greselianer die Straßenzeitung „Abseits!?“. Nach Hinweisen des sympathischen Chefverkäufers Siggi wird „Verkauf förderndes Lächeln“ geübt.

Was ist Abseits? Wie ist es im Abseits? Wodurch kommen Menschen ins Abseits? Wie wird man als Außenstehender im Abseits behandelt? Was ist die Straßenzeitung „Abseits!?“?  Wer macht die Zeitung? 

Dies und mehr fragten sich fünf neugierige Schüler des Greselius- Gymnasiums Bramsche (GGB), die am 26. September 2018 im Rahmen einer Projektwoche dem Angebot von Detlef Neumann, Lehrer am GGB, folgten und die Tageswohnung und Beratungsstelle für wohnungslose Menschen in Osnabrück besuchten. Sie konnten durch Gespräche mit Betroffenen, die vor kurzem noch wohnungslos gewesen waren, und Mitarbeitern der Einrichtung in der Bramscher Straße 11 Informationen aus erster Hand erhalten. Vor allem aber machten sie praktische Erfahrungen wie es ist, für einen wohnungslosen Menschen gehalten zu werden. 

Das Vorhaben begann vor Ort mit Informationen durch Alfons Weglage, der als Diplom-Sozialpädagoge zusammen mit seinem Kollegen Thomas Kater die Arbeit der Einrichtung organisiert. Weglage stellte den Schülern Fragen, beantwortete Fragen, führte mit einem ehemaligen Wohnungslosen ein sehr aufschlussreiches Gespräch und zeigte schließlich einen kurzen Film. Durch diese vielfältige Herangehensweise  wurde den Besuchern als Außenstehenden das Leben zweier Menschen zwischen Platte-Machen (draußen auf einer „Platte“, meist auf dem Boden, schlafen) und Alkoholismus zum Teil drastisch vor Augen geführt. Einiges machte sehr nachdenklich: Trotz der recht hohen Lebenserwartung in Deutschland stirbt ein Mensch ohne Wohnung im Durchschnitt mit 44 Jahren. Menschen ohne Wohnung verlieren nach und nach Kontakte zu früheren Kollegen, Ehepartnern, eigenen Kindern, anderen Verwandten, Nachbarn und Bekannten. Sie leiden nicht nur an dem Verlust zwischenmenschlicher Kontakte sondern erkranken an der Vereinsamung. Dies ist neben einer häufig erworbenen Suchterkrankung ein wesentlicher Faktor, der die Lebenserwartung verkürzt. In Deutschland sterben Männer durchschnittlich mit 78 Jahren, Frauen mit 83 Jahren.

Danach ging der praktische Teil los: Das Verkaufen der Abseits-Zeitungen. Jeder Schüler erhielt, wie jeder andere neue Verkäufer, von Ulrich Sandhaus im Büro der Abseits!?-Redaktion nach dem Erklären und Unterschreiben des Verkäufervertrages und dem Erhalt professioneller Verkäuferausweise gratis zehn aktuelle Exemplare der Straßenzeitung „Abseits!?“.  Dann wurden alle fünf Schüler von Siggi, einem sehr erfahrenen und sehr höflichen Verkäufer, instruiert und einzeln an einem bestimmten Platz vor Geschäften in der Osnabrücker Innenstadt für zwei Stunden platziert. 

Am Anfang fühlten sich die Schüler etwas unwohl, da sie seltsam angesehen wurden. Doch nach den ersten verkauften Zeitungen, nach dem Erhalt von kleinen Aufmerksamkeiten, wie bei einem eine Tasse Kaffee und bei einem anderen Hustenbonbons, und als alle(!) fünf Schüler überwiegend positive Kommentare zur Idee, sich echt mit der Situation wohnungsloser Menschen zu beschäftigen, erhielten, sahen Passanten bei den Schülern immer mehr ein positives und zufriedenes Lächeln. Dieses Lächeln hatte ihnen Siggi als „Verkauf förderndes Lächeln“ empfohlen.

Die beiden Schülerinnen und die drei Schüler kamen häufig schnell ins Gespräch mit den Kunden und nach einem kurzen Erklären woher man kommt und wieso man dies macht, standen die Kunden hinter dem Verkauf der Zeitungen durch die jungen Leute und dem Projekt der Bramscher Schule. 

Voller Stolz auch über positive Rückmeldungen ihres Mentors und Projektinitiators sowie ihres sympathischen Verkaufstrainers Siggi, kehrten alle zurück in die Räume der Tageswohnung. Dort wartete das Mittagessen auf die Schüler und etliche wohnungslose Gäste. Auch beim Mittagessen tauschten sich die Schüler mit netten Tischnachbarn aus, die von ihren eigenen Erfahrungen berichteten und noch Ratschläge für ihre Zukunft gaben. Einige Schüler wussten bereits, was sie nach der Schule beruflich machen wollten, wodurch das Gespräch vertieft wurde. 

Nach einem Abschlussgespräch mit Alfons Weglage und Mitarbeitenden der Tageswohnung ging es zurück zum Bahnhof. Die Mitglieder der Projektgruppe, bereichert durch viele neue Informationen aus erster Hand und durch selbst gemachte Erfahrungen, kamen gegen halb Drei wieder in Bramsche an.

(Der Text entstand aus Beiträgen von Johannes Atrochow, Leefke Ballmann, Lejla Pepic und Leon Vahle. Er wurde verfasst von Erik Rosner und Detlef Neumann als Mentor.)
 

Autor:
Greselius-Gymn…
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